Tarifvertrag Verwaltungsumbau unterzeichnet

Tarifvertrag Verwaltungsumbau unterzeichnet

- Erschienen am 21.01.2009 - Pressemitteilung 05/2009

Potsdam - Der Tarifvertrag zum Verwaltungsumbau wurde heute vom Land Brandenburg und vier Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes unterzeichnet. Für das Land unterzeichnete Finanzminister Rainer Speer. Für die Arbeitnehmerseite unterzeichneten ver.di-Landesbezirksleiterin Susanne Stumpenhusen, der stellvertretende Vorsitzende der dbb tarifunion, Helmut Overbeck, der GEW-Landesvorsitzende Günther Fuchs und die stellvertretende GdP-Landesbezirkschefin Petra Schäuble. Die an den Verhandlungen ebenfalls beteiligte IG BAU hatte gestern erklärt, dem Tarifvertrag nicht zustimmen zu wollen.

Der neue Tarifvertrag soll Möglichkeiten zum dauerhaften Erhalt von Beschäftigung eröffnen und die Bereitschaft der Beschäftigten fördern, auch neue Tätigkeiten in der Landesverwaltung auszuüben. Im Gegenzug verzichtet das Land auch weiterhin auf betriebsbedingte Kündigungen. Er tritt rückwirkend zum Jahresbeginn 2009 in Kraft und gilt zunächst bis Ende 2012. Sofern er nicht gekündigt wird, verlängert sich seine Laufzeit bis Ende 2015. Nähere Einzelheiten des Vertragswerks sind der Anlage zu dieser Presseinformation zu entnehmen.

Finanzminister Rainer Speer erklärte: „Dieser Tarifvertrag ist ein Meilenstein auf dem Weg der sozialverträglichen Gestaltung des Verwaltungsumbau in Brandenburg. An diesem Umbau führt angesichts der demografischen und finanziellen Herausforderungen kein Weg vorbei. Strukturelle Personalüberhänge müssen abgebaut, das Landespersonal bis Ende 2012 auf rund 47.800 Stellen reduziert werden. Eine sozialverträgliche Gestaltung dieses Prozesses ist möglich und von der Landesregierung ausdrücklich gewollt, setzt aber eine hohe Flexibilität und Mobilität der Betroffenen voraus. Dies bedeutet erhebliche Herausforderungen und Belastungen. Um diese soweit wie möglich abzufedern, hat sich das Land zu weitgehenden Gegenleistungen in Form von Mobilitätsprämien, Maßnahmen zur Einkommenssicherung und Angeboten zu umfassender beruflicher Fort- und Neuqualifizierung bereit erklärt. Es ist ein faires Angebot. Ich bin sehr froh, dass vier Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes dieses gemeinsame Verhandlungsergebnis als tragfähigen Kompromiss anerkennen und mittragen. Die Ablehnung des Tarifvertrags durch die IG BAU ist bedauerlich und unverständlich."   

Die ver.di-Landesbezirksleiterin Susanne Stumpenhusen erklärte: „Dem jetzt unterzeichneten Tarifvertrag sind schwierige Verhandlungen vorausgegangen. Am Ende ist ein insgesamt tragfähiger und fairer Kompromiss entstanden. Von besonderer Bedeutung ist, dass der Vertrag die materiellen Ansprüche der Beschäftigten sichert, die Rechte bei organisatorischen Maßnahmen des Arbeitgebers erweitert und betriebsbedingte Kündigungen ausschließt. Ein Erfolg ist auch, dass wesentliche Teile des Tarifvertrags auf den Beamtenbereich übertragen werden sollen. Für die Beschäftigten des Landes wurde in den Verhandlungen viel erreicht. Deshalb hat ver.di die Zustimmung zum vorliegenden Tarifvertrag erklärt."

Helmut Overbeck, Verhandlungsführers und stellvertretender Vorsitzender der dbb tarifunion, sagte: „Der TV Umbau sichert die Einkommen der umbaubetroffenen Beschäftigten. Dies war für die dbb tarifunion der zentrale Punkt in den Verhandlungen. Insoweit ist das Erreichte ein Erfolg. Der Nutzen des Tarifabschlusses für die Beschäftigten liegt insgesamt darin, dass die individuelle Belastung jeder betroffenen Kollegin und jedes betroffenen Kollegen so gering wie möglich ausfällt. Damit haben wir erreicht, dass der allein vom Land zu verantwortende Verwaltungsumbau nicht „nach Gutsherrenart" vollzogen werden kann. Vielmehr muss jede konkrete Maßnahme ausgewogen und durchdacht sein und im Einklang mit dem Prinzip vom „Fordern und Fördern" stehen."

Der GEW-Landesvorsitzende Günther Fuchs erklärte: „Der heute unterzeichnete Tarifvertrag ist ein Paradigmenwechsel in der Politik des Landes Brandenburg gegenüber den Beschäftigten in der Landesverwaltung. Der Tarifvertrag unterstützt zukünftig die Mobilität von Beschäftigten und investiert in die Qualifizierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Durch diesen Tarifvertrag wird die Sozialverträglichkeit des weiteren Prozesses der Verwaltungsmodernisierung sichergestellt und ein weitreichender Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen festgeschrieben. Gleichzeitig werden zentrale Regelungsinhalte des Tarifvertrages auch in den Beamtenbereich übertragen. Der Tarifvertrag ist zugleich beispielgebend für die anderen Bundesländer. Aus Sicht der GEW Brandenburg ist es wichtig zu betonen, dass die Beschäftigten in den Schulen und in der Schulverwaltung in den Fragen der Mobilität und Qualifizierung gegenüber den Beschäftigten in der Landesverwaltung gleichbehandelt werden. Es wird jetzt darauf ankommen, den Tarifvertrag konsequent anzuwenden und mit Leben zu erfüllen."

Die stellvertretende GdP-Landesbezirksvorsitzende Petra Schäuble sagte: „Die Gewerkschaft der Polizei begrüßt ausdrücklich den Abschluss dieses Tarifvertrages. Anlass der durchaus schwierigen Verhandlungen war erstmals kein weiterer Personalabbau in der Landesverwaltung, sondern die Förderung von Qualifizierung und Mobilität. Erhöhung von Mobilität ist zumeist mit höheren persönlichen Belastungen verbunden. Diese werden durch die jetzt geschaffenen Anreize teilweise abgefedert. Auch in der Polizei des Landes Brandenburg stehen neue Reformen an, die von den Beschäftigten wiederholt eine große Bereitschaft, sich zu verändern, verlangen. Es ist uns mit diesem Tarifvertrag gelungen, dass Mobilität nicht einfach nur gefordert, sondern nun auch gefördert wird."

Anlage:

Auf einen Blick

Wesentliche Inhalte des Tarifvertrages Verwaltungsumbau

Die Regelungen des neuen Tarifvertrages finden Anwendung auf alle von Umbaumaßnahmen der Verwaltung betroffenen Beschäftigten in der Landesverwaltung (Ausnahme: Beschäftigte, für die der TV Forst gilt). Betroffen sind Beschäftigte, deren bisheriger Arbeitsplatz z.B. durch die Auflösung, die Verlegung oder die Fusion von Dienststellen ganz oder teilweise wegfällt. Das Land verpflichtet sich gegenüber diesen Beschäftigten zur Arbeitsplatzsicherung. Betriebsbedingte Kündigungen sind während der Laufzeit des Tarifvertrages ausgeschlossen. Den betroffenen Beschäftigten soll vom Land zunächst eine Weiterbeschäftigung auf einem gleichwertigen Arbeitsplatz am bisherigen oder einem anderen Dienstort angeboten werden.

Ist eine derartige Weiterbeschäftigung auf einem gleichwertigen Arbeitsplatz nicht möglich, verpflichtet sich das Land zur Prüfung von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf einem geringer bewerteten Arbeitsplatz. Eine Herabgruppierung auf einen solchen geringer bewerteten Arbeitsplatz ist möglich. Lehnen Beschäftigte ein nach den Bestimmungen des Tarifvertrages zumutbares neues Arbeitsplatzangebot und eine entsprechende Qualifizierungsmaßnahme ab, ist das Land berechtigt, diesen Beschäftigten zu kündigen. 

Land zahlt Mobilitätsprämie bei neuem Dienstort

Beschäftigte, die bei einer Dienststelle außerhalb des bisherigen Arbeitsortes oder des Wohnortes weiterbeschäftigt werden, haben in Zukunft Anspruch auf eine neu eingeführte Mobilitätsprämie. Dieser besteht unabhängig und ergänzend zu den bestehenden Ansprüchen auf Umzugskostenvergütung und Trennungsgeld. Mit der neuen Prämie soll die Bereitschaft der Landesbeschäftigten zu regionaler Mobilität gefördert werden. Sie wird abhängig von der Entfernung zwischen der Wohnung und der neuen Dienststelle als Einmalzahlung gewährt. Sie beträgt gestaffelt zwischen 450 Euro für eine zusätzliche Entfernung zur neuen Dienststelle ab 10 Km bis zu 2250 Euro für eine Entfernung ab 71 km. Finanzminister Speer erklärte seine Bereitschaft, diese Regelung zeit- und inhaltsgleich auf den Beamtenbereich zu übertragen.

Maßnahmen zur Einkommenssicherung

Der Tarifvertrag sieht Regelungen zur Einkommenssicherung für diejenigen Beschäftigten vor, denen in Folge des notwendigen Verwaltungsumbaus eine geringer bewertete Tätigkeit übertragen wird. Diese sind abhängig von der Dauer ihrer Beschäftigung im Landesdienst. Der Eingruppierungsschutz beträgt nach einer Beschäftigungszeit von bis zu 5 Jahren 8 Monate, von bis zu 10 Jahren 16 Monate und von mehr als 10 Jahren 24 Monate. Während dieser Zeit werden die Betreffenden so gestellt, als wenn sie ihre bisherige Tätigkeit weiter ausübten. Nach Auslaufen des Eingruppierungsschutzes erhalten die Betroffenen noch eine abschmelzbare Besitzstandszulage.

Qualifizierungsangebote

Einen besonderen Schwerpunkt legt der Tarifvertrag auf Maßnahmen der  Arbeitsplatzsicherung durch Qualifizierung und Fortbildung der betroffenen Bediensteten. Ist eine solche Qualifizierung erforderlich, wird der Beschäftigte für bis zu 12 Monate von der Arbeit freigestellt. Die Kosten der Qualifizierung trägt der Arbeitgeber, das bisherige Gehalt wird während der Dauer der Qualifizierungsmaßnahme vom Land weitergezahlt. Bei einem herausragenden Abschluss der Qualifizierung kann dem Mitarbeiter eine Prämie von bis zu 400 Euro gezahlt werden.

Darüber hinaus sieht der Tarifvertrag weitere freiwillige Leistungen des Arbeitgebers vor. So kann Beschäftigten auch eine Bildungsmaßnahme mit einer Gesamtdauer von bis zu 5 Jahren angeboten werden, sofern dafür ein dienstliches Bedürfnis vorliegt. Dazu zählen z.B. berufsqualifizierende Studiengänge an einer Hochschule oder Fachhochschule mit dem Abschluss Bachelor oder Master. Das Gehalt wird während der Dauer der Qualifizierung fortgezahlt. Ein Rechtsanspruch auf eine derart umfassende berufliche Neuqualifizierung besteht jedoch nicht. Auch in diesen Fällen kann ein herausragender Abschluss mit einer Prämie anerkannt werden. Diese beträgt z.B. bei einer Qualifizierungsdauer ab 3 Jahren bis zu 5 Jahren bis zu 2950 Euro.

Das Land kann auf Antrag eines vom Verwaltungsumbau in Sinne des Tarifvertrags Betroffenen auch eine Existenzgründerschulung finanzieren und dafür eine Freistellung von der Arbeit bis zu 3 Monaten gewähren. Zur Erleichterung einer Existenzgründung kann der Arbeitgeber darüber hinaus eine Wiedereinstellungszusage über einen Zeitraum von zwei Jahren geben.

Institutionelle Absicherung

Zur Begleitung des Umbauprozesses einigten sich die Tarifpartner auf die Einrichtung eines Beirats, der paritätisch durch Vertreter der Landesregierung und der Gewerkschaften besetzt wird und der die Umsetzung des Tarifvertrages evaluiert.

Die geltende Personalbedarfsplanung des Landes sieht vor, das Landespersonal bis Ende 2012 auf 47.800 Stellen abzubauen. Derzeit verfügt der Landesdienst noch über rund 53.000 Stellen. Auf der Basis des Sozialtarifvertrags hatte sich die Landesregierung bislang dazu verpflichtet, dass betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2009 ausgeschlossen sind.

Download der Pressemitteilung als PDF-Datei

Pressemitteilung: Tarifvertrag Verwaltungsumbau unterzeichnet

Download des Tarifvertrages als PDF-Datei

Tarifvertrag über Maßnahmen zur Begleitung des Umbaus der Landesverwaltung Brandenburg (TV Umbau)

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Ident-Nr
05/2009
Datum
21.01.2009