Mehr Gerechtigkeit bei der Erbschaftssteuer endlich in Sicht
Finanzminister Görke zum heutigen BVG-Urteil
- Erschienen am - PresemitteilungPotsdam – Finanzminister Görke sieht sich durch die heute veröffentlichte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in seiner kritischen Haltung zur derzeitigen Ausgestaltung der Erbschaftsteuer bestätigt: „Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom heutigen Tag entschieden, dass das Erbschaftsteuerrecht in seiner derzeitigen Form verfassungswidrig ist. Ich begrüße diese Entscheidung für mehr Steuergerechtigkeit sehr.“
Aufgrund der weitgehenden oder vollständigen Verschonung des Erwerbs von Unternehmensvermögen ist nach dem Urteil des BVerfG die derzeitige Steuerbemessungsgrundlage gleichheitswidrig ausgestaltet. Die umfangreiche Begünstigung von Unternehmen ist, so das Gericht weiter, nicht durch ausreichende Gemeinwohlgründe gerechtfertigt und stellt damit eine verfassungswidrige Überprivilegierung dar.
„Die Entscheidung war so zu erwarten“, sagte Minister Görke. „Ich erinnere daran, dass die nunmehr verfassungsrechtlich verworfenen Verschonungsregeln für das Unternehmensvermögen erst auf Druck der Union in das Erbschaftsteuergesetz aufgenommen und durch die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung noch einmal deutlich ausgeweitet worden waren.“ Die gravierendsten Missbräuche im Zusammenhang mit dieser Überprivilegierung konnten aufgrund einer auch vom Land Brandenburg mitgetragenen Länderinitiative im Bundesrat bereits am Ende der vergangenen Legislaturperiode rückgängig gemacht werden.
Finanzminister Görke begrüßt „insbesondere den von drei Mitgliedern des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts explizit geäußerten Hinweis auf das Sozialstaatsprinzip des Artikel 20 Absatz 1 des Grundgesetzes. Die Erbschaftsteuer dient danach nicht nur der Erzielung von Steuereinnahmen, sondern ist zugleich ein Instrument des Sozialstaates, um zu verhindern, dass Reichtum in der Folge der Generationen in den Händen weniger kumuliert und allein aufgrund von Herkunft oder persönlicher Verbundenheit unverhältnismäßig anwächst. An die Verschonung von Unternehmensvermögen werden also künftig besonders hohe Anforderungen zu stellen sein.“
Minister Görke kündigte an, dass die Länder unmittelbar nach Weihnachten auf den Bund zugehen würden. „Die Beratungen über eine Neugestaltung müssen nun so bald wie möglich beginnen. Die Erbschaftsteuer ist ein wichtiges Instrument, um der zunehmend ungleichen Verteilung der Vermögen in Deutschland entgegenzuwirken und damit für mehr Steuergerechtigkeit in unserem Land zu sorgen,“ so der Minister.
Das Verfassungsgericht hat dem Gesetzgeber aufgetragen, bis zum 30. Juni 2016 eine verfassungskonforme Neuregelung zu schaffen. Bis dahin gelten – vorbehaltlich einer möglicherweise auch rückwirkenden Gesetzesänderung - die beanstandeten Regelungen des Erbschaftsteuergesetzes fort.
Die Erbschaftsteuer steht den Ländern zu. In Brandenburg wird das Aufkommen in 2014 rund 20 Millionen Euro betragen. Bundesweit wird für das Jahr 2014 mit einem Aufkommen von 5,3 Milliarden Euro gerechnet.
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Hintergrund:
Mit dem Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24.12.2008 wurden im Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz Begünstigungen für Betriebsvermögen im Rahmen der Regel- bzw. Optionsverschonung eingeräumt. So wird bislang der Erwerb von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen sowie Anteilen an Kapitalgesellschaften weitreichend oder vollständig steuerlich begünstigt, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Hierfür darf der Erbe oder Beschenkte den Betrieb innerhalb einer festgelegten Behaltensfrist nicht wesentlich einschränken oder veräußern. Intention des Gesetzgebers für diese Verschonungsregeln war, durch Vermeidung hoher Steuerbeträge auf Betriebsvermögen eine Fortführung der Unternehmen zu ermöglichen.
Mit Beschluss vom 27.9.2012 (Az. II R 9/11) hat der Bundesfinanzhof das Bundesverfassungsgericht um Entscheidung ersucht, ob diese erbschaft- und schenkungsteuerlichen Begünstigungen für Unternehmensvermögen mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar sind. Nach Auffassung des BFH stellt die derzeitige weitgehende oder vollständige Verschonung des Erwerbs von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften eine nicht durch ausreichende Gemeinwohlgründe gerechtfertigte und damit verfassungswidrige Überprivilegierung dar.
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