Sicherungsverwahrung: Neubau übergeben
Land investierte rund zehn Millionen
- Erschienen am - PresemitteilungBrandenburg a.d.H.: In wenigen Wochen wird ein Provisorium auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt Brandenburg a.d.H. sein Ende finden. Dann werden die die neun Sicherungsverwahrten in ihr neues Gebäude einziehen. Heute wurde der Neubau feierlich übergeben. Justizminister a.D. Dr. Helmuth Markov dankte bei seiner Festansprache allen, die zum Gelingen des Bauprojektes beigetragen haben. „Ich freue mich, dass in so kurzer Zeit ein Neubau für die Sicherungsverwahrten im Land Brandenburg entstanden ist. Dieser Bau garantiert nicht nur eine rechtskonforme und verfassungsgemäße Unterbringung, er bietet auch ausgezeichnete Möglichkeiten der Therapie und Behandlung. Mein Dank gilt an dieser Stelle den Bauleuten und Planern des Projekts.“ betonte er bei der feierlichen Einweihung des Neubaus auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt Brandenburg a.d.H..
Er wies in seiner Rede darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2011 mit seinem Urteil nicht nur Wert auf eine eigenständige bauliche Unterbringung der Sicherungsverwahrten gelegt hatte. „Eine zentrale Rolle spielte in dem Urteil auch die intensive engmaschige Behandlung und Betreuung der Sicherungsverwahrten. In Brandenburg haben wir hierzu mit dem Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz die Grundlagen gelegt. Das darin zugrundeliegende Konzept wird den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und dem Sicherheitsinteresse der Menschen gerecht. Es ist Grundlage für die künftige Behandlung der Sicherungsverwahrten in diesem Neubau.“ so Markov. „Mit dem neuen Gebäude haben wir hier sehr gute Voraussetzungen geschaffen, allen therapeutischen Erfordernissen zu entsprechen“
Finanzstaatssekretärin Daniela Trochowski, aus dem für Landesbauten zuständigen Finanzministerium, sagte bei der feierlichen Übergabe: „Ich freue mich, dass der im August 2013 begonnene Neubau nicht nur planmäßig bezugsfertig ist und am 1. November seinen Probebetrieb aufnehmen kann. Hervorheben möchte ich insbesondere auch, dass mit den Baukosten von rund zehn Millionen Euro der ursprünglich geplante Kostenrahmen um rund 400.000 Euro unterschritten werden konnte.“ Das zweigeschossige Gebäude sei konzipiert für die dauerhafte Unterbringung von maximal 18 Personen und beherberge zudem Räume für Therapie und Verwaltung. „Auch wenn mit dem Neubau das Baugeschehen in der Justizvollzugsanstalt in den kommenden Jahren noch nicht vollständig abgeschlossen ist, wird das Gebäude der Sicherungsverwahrung doch der voraussichtlich letzte Neubau auf dem Gelände der JVA Brandenburg sein. Damit neigt sich ein seit 1990 andauernder Prozess der baulichen Umgestaltung und Modernisierung der Liegenschaft seinem Ende zu“, bilanzierte Trochowski.
Hintergrundinformationen:
Sicherungsverwahrung
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2365/09 u.a. die Bestimmungen des Strafgesetzbuchs über die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt. Gleichzeitig hat es dem Gesetzgeber in Bund und Ländern aufgegeben, bis zum 31. Mai 2013 ein Gesamtkonzept der Sicherungsverwahrung zu entwickeln und normativ festzuschreiben, das dem verfassungsrechtlichen „Abstandsgebot“ Rechnung trägt, wonach sich der Vollzug der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vom Vollzug der Freiheitsstrafe deutlich zu unterscheiden hat.
Der Bundestag hat am 9. November 2012 das „Gesetz zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung“ verabschiedet. Das Gesetz wurde am 11. Dezember 2012 im Bundesgesetzblatt verkündet und trat am 1. Juni 2013 in Kraft
Der Landtag Brandenburg hat am 24. April 2013 das Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe, der Jugendstrafe und der Untersuchungshaft im Land Brandenburg / Brandenburgisches Justizvollzugsgesetz) sowie am 16. Mai 2014 das Gesetz über den Vollzug der Sicherungsverwahrung im Land Brandenburg (Brandenburgisches Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz) beschlossen.
Damit erfüllt das Land Brandenburg den Auftrag des Bundesverfassungsgerichtes aus seinem Urteil vom 04.05.2011, wonach für eine verfassungskonforme Neuregelung des Rechts der Sicherungsverwahrung zu sorgen ist.
Wesentliche Eckpunkte der beiden gesetzlichen Neuregelungen sind, dass
- bereits während des der Sicherungsverwahrung vorausgehenden Strafvollzugs die Behandlung deutlich zu intensivieren ist, um die Gefährlichkeit der Täter zu mindern und möglichst schon den Antritt der Sicherungsverwahrung zu vermeiden
- der Vollzug der Sicherungsverwahrung von Beginn an nachdrücklich auf eine Rückkehr der Untergebrachten in die Freiheit auszurichten, therapiegerichtet und freiheitsorientiert ausgestaltet und soweit als möglich den allgemeinen Lebensverhältnissen anzugleichen ist.
Bis zur Fertigstellung des Neubaus der Sicherungsverwahrung erfolgte eine provisorische Unterbringung der jetzt neun brandenburgischen Sicherungsverwahrten in einem entsprechend der Vorgaben des Brandenburgischen SV-Vollzugsgesetz hergerichteten Hafthaus der JVA Brandenburg, getrennt von Straf- und Untersuchungsgefangenen.
Projektbeschreibung und Daten zur Baumaßnahme
Eine wesentliche Randbedingung für die bauliche Umsetzung des Raumbedarfs für den Neubau der Sicherungsverwahrung war die Vorgabe, dass die Lebensbedingungen in der Sicherungsverwahrung den allgemeinen Lebensverhältnissen anzupassen sind, soweit Sicherheitsbelange diesem nicht widersprechen (Resozialisierungsgebot). Weiterhin muss der äußere Vollzugsrahmen dem spezialpräventiven Charakter der Sicherungsverwahrung gerecht werden und sich somit deutlich von dem des regulären Strafvollzugs absetzen (Trennungsgebot). Den Sicherungsverwahrten sind alle therapeutischen Möglichkeiten bis hin zu individuell zugeschnittenen Therapiemethoden zur Verfügung zu stellen (Individualisierungs- und Intensivierungsgebot).
Der Neubau der Sicherungsverwahrung wurde auf dem Gelände der JVA Brandenburg a.d.H. errichtet. Das Grundstück befindet sich im Eigentum des Landes Brandenburg. Die neue Einrichtung für den Vollzug der Sicherungsverwahrung ist auf der im nordöstlichen Bereich des Anstaltsgeländes angeordnet. Der Standort befindet sich in einem größtmöglichen Abstand zu den Bereichen des regulären Strafvollzuges der JVA Brandenburg a.d.H. und bietet ausreichend Raum für die Gestaltung der Außenanlagen.
Bei dem Neubau handelt es sich um einen 2-geschossigen L-förmigen Baukörper, dessen Nordfassade die Flucht der Nordfassaden der Kernanstalt aufnimmt und dessen Innenhof sich nach Südwesten öffnet. Dabei werden die beiden Schenkel des L-förmigen Baukörpers durch einen transparent gestalteten Knoten verbunden. Der zentrale Eingangsbereich ist in diesem Knotenpunkt der zwei Gebäudeteile angeordnet.
Alle 18 Wohneinheiten sind im Erdgeschoss (EG) untergebracht und in zwei Gruppen bzw. Bereiche aufgeteilt. Zwei Wohneinheiten sind für die Neuaufnahme von Sicherungsverwahrten separiert.
Jeder Wohnbereich wird durch folgende Räumlichkeiten ergänzt:
- Dienstzimmer mit daneben liegendem Dienstraum Fachdienste,
- Kommunikationszone, die die Funktionen eines Gemeinschaftsraumes und einer Gemeinschaftsküche in sich vereint,
- Waschmaschinen- und Putzmittelraum.
Jeder Wohnbereich erhält außerdem einen separaten Zugang zu den Außenanlagen. Jede Wohneinheit besteht aus einem Wohn- /Schlafbereich mit integrierter Pantry- Küche und einem Sanitärbereich mit Dusche. Die Wohneinheiten erfüllen somit die funktionalen Anforderungen an eine Wohnung, insbesondere als Ort des Wohnens und Schlafens, der Körperpflege, der Freizeitbeschäftigung und des Aufbewahrens von persönlichen Gegenständen.
Das Sicherheitskonzept sieht die Wohneinheiten als Sicherungsbereiche für den Nachtverschluss vor. Dem entsprechend wurden die Fenster der Wohnräume vergittert, die Türen wurden als Haftraumtüren, jedoch mit wohnlichem Charakter, ausgebildet. Eine Wohneinheit wurde entsprechend der DIN 18040 barrierefrei geplant. Alle anderen Wohneinheiten wurden seniorengerecht geplant (z.B. tief liegende Brüstungen).
Um den Knotenpunkt der Gebäudeteile sind die übergeordneten Funktionsbereiche gruppiert.
Im Erdgeschoss:
- der Sportraum,
- der Computerraum,
- der besonders gesicherte Haftraum.
Im Obergeschoss (OG) sind in diesem zentralen Bereich:
- der Andachtsraum,
- die Bibliothek,
- der Musikraum,
- der Kreativraum angeordnet.
Im OG befinden sich außerdem der Verwaltungsbereich, der Funktionsbereich der Arbeitstherapie, der therapeutische Bereich der Psychologen und Sozialtherapeuten sowie die Büroraume für die externen Mitarbeiter.
Das Areal der Sicherungsverwahrung ist umlaufend gesichert. Dazu wurden detektierte Mittelfeldzäune angeordnet.
In östlicher, nördlicher und westlicher Richtung werden diese teilweise durch eine Mauer mit entsprechender Sicherung unterbrochen.
Durch die westliche Mauer erfolgt der Zugang zum Bereich der Sicherungsverwahrung.
Die Freianlagen werden gegliedert und den Bedürfnissen der Sicherungsverwahrung entsprechend gestaltet.
Wesentliche Daten des Bauvorhabens Sicherungsverwahrung
Planungsauftrag des MdJ: 08.05.2012
Baubeginn: 12.08.2013
Nutzfläche: 1.578 Quadratmeter
Baukosten: rund zehn Millionen Euro
Für weitere Fragen und Hintergrundinformationen zum Thema Sicherungsverwahrung verweisen wir auf das FAQ-Handout des MdJ vom 25.08.2014.
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