Ein Doppelhaushalt auf der Höhe der Herausforderungen der Zeit
Rede von Finanzministerin Katrin Lange zur 2. Lesung im Landtag Brandenburg am 14. Dezember 2022
- Erschienen am - PresemitteilungFrau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
mit den überaus sachlichen und besinnlichen Beratungen des Landeshaushaltes hier im Plenum des Landtages Brandenburg gehen außerordentlich arbeitsreiche und intensive Wochen der Haushaltsberatungen im Finanzausschuss und den Fachausschüssen nun so langsam zu Ende.
Ich möchte die Gelegenheit heute nutzen, mich bei allen daran Beteiligten ganz herzlich für ihre kritisch-konstruktiven Beiträge zur Sache zu bedanken. Das betrifft natürlich die Abgeordneten des Landtages und der Ausschüsse selbst, ebenso wie den Ausschussdienst um Frau Markowski und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Landtag und Fraktionen. Ein besonderes Wort des Dankes geht an meine eigene Haushaltsabteilung, an die vielen Kolleginnen und Kollegen, die ein immenses Arbeitspensum in immer guter Qualität bewältigt haben und ohne deren verdienstvolle Tätigkeit im Maschinenraum der Landesfinanzen es das heute vorliegende umfangreiche Haushaltswerk ja gar nicht geben würde. Ihnen allen also ganz herzlichen Dank!
Meine Damen und Herren,
ich möchte heute zum jetzt vorliegenden Haushaltsentwurf noch zwei bis drei Bemerkungen machen.
Zunächst einmal waren ja Zweifel daran geäußert worden, ob denn ein Doppelhaushalt in so bewegten Zeiten wie diesen überhaupt die richtige Entscheidung sein würde. Meine Meinung dazu war klar und sie hat sich seitdem auch nicht geändert: Ja, unbedingt.
Brandenburg geht da auch keineswegs einen Sonderweg, sondern befindet sich in Gesellschaft der Mehrzahl der Bundesländer. Zehn von 16 Bundesländer arbeiten derzeit mit Doppelhaushalten oder planen dies zu tun ab dem nächsten Jahr; so wie Brandenburg. Das geht von Baden-Württemberg über Hamburg und Rheinland-Pfalz bis hin nach Sachen. Darunter sind, wie Sie sehen, größere und kleinere Bundesländer, und es sind Landesregierungen in jeder politischen Konstellation darunter zu finden.
Es ist also selbstverständlich möglich, auch in Zeiten wie diesen mit Doppelhaushalten zu arbeiten. Es ist darüber hinaus auch die richtige Entscheidung, um mehr Stetigkeit und Verbindlichkeit über einen längeren Zeitraum hinweg zu erhalten. Das Land Brandenburg befindet sich hier in guter Gesellschaft.
Andere in der Sache unzutreffende Einwände richteten sich gegen den Zeitpunkt der Vorlage des Haushaltsentwurfes, obwohl mit dem Zeitpunkt alles in bester Ordnung gewesen ist.
Da war zum Beispiel die Rede davon, der Entwurf sei ja „Makulatur“, weil er noch nicht alle denkbaren Entwicklungen bis zum Beschluss des Haushaltes abbilden würde.
Nun, der Vorwurf kam hier aus einer Richtung, der inzwischen jeglicher historische Optimismus abhandengekommen ist, und was diese Richtung angeht, selbstverständlich auch ganz zu Recht.
Nur hat diese Klage mit dem vorliegenden Haushalt nichts zu tun. Man darf nicht die eigenen Probleme mit den Problemen von andern verwechseln.
Ganz im Gegensatz zu diesem überaus betrüblichen historischen Pessimismus war ich von Anfang an der Auffassung, dass es der hier versammelten Gemeinschaft so vortrefflicher und ausgezeichneter Landtagsabgeordneter ein Leichtes sein würde, die notwendigen Anpassungen des Haushaltsentwurfes im laufenden Parlamentsbetrieb pünktlich und sachgerecht bis zur Beschlussfassung hier im Plenum vorzunehmen. Und genau so ist es auch gekommen.
Das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Landtages Brandenburg war also vollauf gerechtfertigt, woran zu zweifeln nie auch nur der geringste Anlass bestand.
Bei diesen erfolgten Anpassungen handelt es sich im Wesentlichen im drei Komplexe:
Zum einen mussten die Ergebnisse der Oktober-Steuerschätzung in den Haushalt eingepflegt werden. Das ist reine Haushaltstechnik und als solche unspektakulär.
Zweitens musste das bereits damals von der Landesregierung frühzeitig und vorausschauend angekündigte Brandenburg-Paket strukturiert und etatisiert werden. Auch das ist erfolgt.
Und drittens schließlich gibt es eine Reihe von Änderungsanträgen der Fraktionen, die den schönen Haushalt noch etwas weiter verschönern werden. Auch hier gilt wie stets das „Strucksche Gesetz“; und das ist auch ganz richtig so.
An diesem ganzen parlamentarischen Verfahren ist überhaupt nicht ungewöhnlich und zu kritisieren; vielmehr wird es – wie von mir nicht anders erwartet – dazu führen, dass das Land Brandenburg pünktlich zum Beginn des neuen Haushaltsjahres einen tragfähigen Doppelhaushalt auf der Höhe der Herausforderungen der Zeit erhalten wird.
Alles andere wäre ja auch ganz erstaunlich gewesen, denn es hätte ja zwangsläufig die Frage aufgeworfen, wieso in Brandenburg nicht möglich sein soll, was in vielen anderen Bundesländern ohne weiteres möglich ist.
Meine Damen und Herren,
Die wesentliche politische Veränderung zum vorgelegten Haushaltsentwurf besteht selbstverständlich im Brandenburg-Paket.
Dieses gut märkische Paket verdankt seine Entstehung der Einschätzung, dass es angesichts der krisenhaften Zuspitzung der wirtschaftlichen und sozialen Lage aus den hinlänglich bekannten Gründen neben den Entlastungsmaßnahmen des Bundes auch einer eigenen Landeskomponente bedarf.
Diese soll die mittlerweile auf den Weg gebrachten Maßnahmen des Bundes flankieren und ergänzen und sie soll solche besonderen landesspezifischen Bedarfe adressieren, die ein Bundesprogramm in seiner Allgemeinheit nicht adressieren kann.
Ich glaube, das ist auch eine sehr vernünftige und realitätsnahe Einschätzung – und das ist sicher auch der Grund dafür, dass Brandenburg mit solchen eigenen Unterstützungsmaßnahmen keineswegs allein dasteht in Deutschland, sondern sich hier ebenfalls in guter Gesellschaft befindet.
Das Volumen des Brandenburg-Pakets von 2 Milliarden Euro verändert die Eckdaten des Doppelhaushalts allerdings wesentlich. So steigt das geplante Gesamtvolumen des Haushalts auf 16,7 Milliarden Euro im Jahr 2023 und 16,4 Milliarden Euro im Jahr 2024. Das ist zwar weniger als im Jahr 2021 – damals waren es 17,2 Milliarden Euro. Aber natürlich mehr als in allen anderen bisherigen Haushaltsjahren.
Um auch das also klar zu sagen: Landesregierung und Koalition haben sich hier für den Weg der Ehrlichkeit entschieden.
Wenn man eine eigene Hilfskomponente des Landes für erforderlich hält – und das tun wir – dann ist das nur durch die Aufnahme neuer Schulden zu finanzieren. Anders geht das nicht. Wer das eine will, muss das andere in Kauf nehmen.
Es ist dann eben eine Frage der Abwägung: Und ich habe diese Frage schon vor Wochen klar beantwortet. Natürlich ist das eine Wette auf die Zukunft, aber eine, die wir nach sorgfältiger Abwägung eingehen sollten.
Den Krisenerscheinungen muss jetzt kraftvoll und robust entgegengesteuert werden, auch um den Preis einer etwas höheren Gesamtverschuldung des Landes. Denn es ist meine Überzeugung, dass uns alles andere am Ende teurer zu stehen kommen würde – und das meine ich nicht nur in finanzieller, sondern auch in sozialer Hinsicht.
Auch die Generationengerechtigkeit der Maßnahmen wird unter der Voraussetzung gegeben sein, dass die Unterstützungsmaßnahmen von Bund und Land ihre gesetzten Ziele in der Umsetzung erfolgreich erreichen. Wenn das der Fall ist, sind diese Vorhaben letztlich auch generationengerecht.
Meine Damen und Herren,
Für diese geplante Neuverschuldung ist die Erklärung der Notlage durch den Landtag unabweisbar.
Die Schuldenbremse wird damit übrigens auch nicht ausgesetzt, wie gelegentlich in der Presse falsch zu lesen ist. Sondern es wird auf jene Ausnahmeregelungen zurückgegriffen, die die Schuldenbremse ausdrücklich zulässt.
Die Notwendigkeit dazu besteht und lässt sich auch gut begründen. Wenn das hier jetzt keine Krise ist, die die Inanspruchnahme der Notlagenerklärung ermöglicht, dann weiß ich nicht, was sich die Erfinder der Schuldenbremse sonst unter einer Krise vorgestellt haben sollen.
Auch mit diesem Schritt steht Brandenburg nicht allein. Erst vor einigen Tagen hat das bevölkerungsstärkste Bundesland NRW mitgeteilt, es plane, nicht nur für das laufende Jahr 2022, sondern auch für das Jahr 2023 das Bestehen einer außergewöhnlichen Notsituation im Sinne des Haushaltsverfassungsrechts durch den Landtag feststellen zu lassen. Ich nehme an, dass weitere Länder diesen Beispielen folgen werden. Wenn ich mich im Kreise meiner Finanzministerkollegen so umhöre, spricht jedenfalls einiges für diese Annahme.
Auch die Feststellung der Notlage für gleich zwei Jahre halte ich für vorausschauend und zweckmäßig. Denn andernfalls müsste man davon ausgehen, dass sich die Rahmenbedingungen innerhalb eines Jahres so grundlegend verändert und verbessert haben werden, dass im Jahr 2024 darauf verzichtet werden könnte. Aber ich sehe nicht, wie man diese Erwartung begründen wollte.
Alles, was wir dazu von Wirtschaftsforschungsinstituten und Volkswirten derzeit hören, bietet keinen Anlass zu einer solchen Erwartung. Jedenfalls steht für mich das Recht des Haushaltsgesetzgebers außer Frage, eine solche politische Entscheidung zu treffen, die ich auch begrüße.
Vor diesem Hintergrund planen wir für Ende 2024 mit einer Gesamtverschuldung von 24,3 Milliarden Euro. Für dasselbe Jahr sind Zinszahlungen von 300 Millionen Euro veranschlagt.
Und es stellt sich daher die Frage: Ist das tragbar? Ja, das ist tragbar. Denn es besteht auch keine Veranlassung, die Finanzlage dramatischer zu zeichnen, als sie ist.
Im letzten Jahr hatte Brandenburg knapp 250 Millionen Euro an Zinsausgaben geleistet. Infolge der jüngsten Beschlüsse der EZB steigen natürlich die Zinsen, was auch richtig ist. Aber auch wenn sie noch weiter steigen, wovon auszugehen ist, sind wir weit von jenen Zinslasten entfernt, mit denen das Land Brandenburg schon einmal zu tun hatte.
Ich erinnere hier an die Nullerjahre, als das Land zum Teil jährlich über 800 Millionen Euro Zinsen zu zahlen hatte. 2008 waren es 808 Millionen Euro; 2004 sogar knapp 850 Millionen Euro. Und das bei einem deutlich geringeren Gesamthaushalt und einer wesentlich geringeren Wirtschaftskraft, als sie heute erfreulicherweise zu verzeichnen ist.
Selbst wenn die Zinszahlungen in den kommenden Jahren weiter ansteigen werden, sind wir von solchen Belastungen jedenfalls in absehbarer Zeit sehr weit entfernt. Daran ändern auch weitere Zinsschritte der EZB nichts.
Man könnte darüber jetzt lange hin und her diskutieren; man kann es aber auch sein lassen. Denn in dieser so vorweihnachtlich-besinnlichen Haushaltsdebatte halten wir es mit dem Matthäus-Evangelium, in dem zu lesen steht: „Eure Rede aber sei: Ja! Ja! Nein! Nein! Was darüber ist, das ist vom Übel.“ Man muss sich da eben am Ende schon mal klar entscheiden. Und deswegen von mir ein klares: Ja. Die hier vorgeschlagenen Maßnahmen von Landesregierung und Koalition sind der schwierigen Lage angemessen, in der Sache vernünftig und darüber hinaus auch finanzpolitisch voll tragfähig.
Das Land Brandenburg kann die damit verbundenen Belastungen tragen, es ist nicht mehr das Land der 90er Jahre und auch nicht das der Nullerjahre. Es hat insgesamt eine erfolgreiche Entwicklung genommen, die es heute deutlich stärker dastehen lässt als damals, und die Maßnahmen dieses Haushaltes dienen letztlich alle dazu, dass diese positive Entwicklung in der heutigen Krisenzeit nicht abbricht und ein Ende findet. Vor diesem Hintergrund sind die mit diesem Haushalt verbundenen Belastungen des Landeshaushalts gerechtfertigt.
Meine Damen und Herren,
ich stimme dem Präsidenten unseres Rechnungshofes, Christoph Weiser, völlig zu, der bei der Vorstellung des Jahresberichtes von einem „Haushalt im Krisenmodus“ gesprochen hat. Ja, das ist so, jedenfalls zu einem beachtlichen Teil.
Man kann sich nun allerdings auch den Modus, unter dem man Haushalte aufzustellen hat, nicht frei aussuchen.
Der Doppelhaushalt ist daneben und vor allem aber auch noch etwas Anderes: nämlich eine Antwort auf die Krise. Und sein Erfolg bemisst sich daran, inwieweit er dazu beiträgt, dass unser Land Brandenburg dieser Krise bestmöglich standhält und einen Beitrag dazu leistet, sie zu überwinden. Dieses große Ziel lohnt im Interesse der Brandenburgerinnen und Brandenburger jeden Einsatz, und dazu bitte ich Sie um Ihre Unterstützung!
Herzlichen Dank!