Neue Gutachten: Brandenburg hätte 208 Millionen Euro höhere Zuweisungen erhalten können
Finanzminister Görke: Kommunale Finanzkraft ist künftig im Länderfinanzausgleich vollständig einzubeziehen
- Erschienen am - PresemitteilungPotsdam – Die kommunale Finanzkraft ist vollständig im Länderfinanzausgleich zu berücksichtigen. Zu diesem Ergebnis kommen zwei heute veröffentlichte Gutachten, die von Professor Dr. Joachim Wieland (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer) und von Professor Dr. Thomas Lenk (Universität Leipzig) im Auftrag der Länder Brandenburg, Berlin, Bremen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen erstellt wurden.
Bisher wird die kommunale Finanzkraft im Länderfinanzausgleich lediglich zu 64 Prozent berücksichtigt. Die Gutachter legen dagegen dar, dass bei der Ermittlung der Finanzkraft der Länder eine vollständige Einbeziehung ihrer Gemeinden sowohl aus verfassungsrechtlicher als auch aus finanzwissenschaftlicher Sicht geboten ist. Nur dadurch können die tatsächlichen Finanzkraftunterschiede zwischen den Ländern in ihrem vollen Ausmaß erfasst und in einem zweiten Schritt angemessen ausgeglichen werden.
Brandenburgs Finanzminister Christian Görke: „Wir sehen uns durch die beiden Gutachten bestätigt: Die vollständige Einbeziehung der kommunalen Finanzkraft in den Länderfinanzausgleich ist notwendig. Brandenburg hätte beispielsweise im Jahr 2013 bei einer vollständigen Einbeziehung der kommunalen Finanzkraft im Länderfinanzausgleich rund 208 Millionen Euro höhere Zuweisungen erhalten. Dies zeigt, welche gewaltigen Nachteile Brandenburg und andere finanzschwache Länder durch die derzeitige Reglung in Kauf nehmen müssen. Elf von 16 Ländern sind sich einig, dass die rein politisch festgelegte Größe von 64 Prozent bei der Einbeziehung der kommunalen Finanzkraft geändert werden muss. Angesichts der beiden neuen Gutachten können dies die übrigen fünf Länder nicht länger ignorieren.“
Der Speyerer Wissenschaftler Wieland weist dabei auf Folgendes hin: "Die Verzerrungen im Länderfinanzausgleich, die sich aus einer nur teilweisen Berücksichtigung der kommunalen Finanzkraft ergeben, können angesichts der weit auseinander klaffenden Steuerkraft der Kommunen nicht länger hingenommen werden.“
Verworfen wird in dem Gutachten auch das sogenannte „Werbungskosten-Argument“, das häufig zur Begründung des Abschlags herangezogen wird. Professor Lenk dazu: „Die Anerkennung eines Abschlags von der kommunalen Finanzkraft als Werbungskosten im Länderfinanzausgleich ist weder sachgerecht noch überzeugend. Die empirischen Ergebnisse zeigen deutlich, dass die ausgleichserheblichen Steuereinnahmen der Kommunen von zahlreichen Faktoren abhängen, die nicht oder nur in sehr geringem Maße von den Kommunen beeinflusst werden können.“
Die beiden Gutachten können im Presseservice des Ministeriums der Finanzen (www.mdf.brandenburg.de → Presse → Presseservice) heruntergeladen werden.
Hintergrund:
Ziel des Länderfinanzausgleichs ist es, die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen auszugleichen. Dabei sind nach Art. 107 Abs. 2 Satz 1 GG die Finanzkraft und der Finanzbedarf der Gemeinden (Gemeindeverbände) zu berücksichtigen.
Nach den Regelungen des derzeit gültigen Finanzausgleichsgesetzes (FAG) wird zur Berücksichtigung eines abstrakten Mehrbedarfs der Kommunen ein Abschlag in Höhe von 36 Prozent vorgenommen. Die kommunalen Steuereinnahmen werden bei der Berechnung der Finanzkraft der Länder daher nur zu 64 Prozent berücksichtigt. Im Ergebnis werden dadurch die Finanzraftunterschiede zwischen den Ländern unvollständig dargestellt. Finanzstarke Länder mit ihren überwiegend finanzstarken Gemeinden werden „ärmer“ gerechnet als es ihrer tatsächlichen Finanzkraft entspricht. Gleichzeitig werden finanzschwache Länder mit ihren überwiegend finanzschwachen Gemeinden „reicher“ dargestellt als sie in Wirklichkeit sind. Die sich daraus für die finanzschwachen Länder ergebenden Verzerrungen sind erheblich. So hätten sie bei einer vollständigen Berücksichtigung der kommunalen Finanzkraft im Jahr 2013 zusammen einen um rund 2 Milliarden Euro höheren Anspruch auf Ausgleichszuweisungen im Länderfinanzausgleich gegenüber der erfolgten Abrechnung gehabt. Das Land Brandenburg hätte in diesem Jahr rund 208 Millionen Euro höhere Zahlungen erwarten können.
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