Verwaltungsumbau in Brandenburg: Landesregierung und Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes erzielen Durchbruch bei Tarifverhandlungen

Verwaltungsumbau in Brandenburg: Landesregierung und Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes erzielen Durchbruch bei Tarifverhandlungen

- Erschienen am 10.12.2008 - Pressemitteilung 90/2008

Potsdam - Finanzminister Rainer Speer und die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes haben in der Nacht zu Mittwoch bei den Verhandlungen über einen Tarifvertrag zur sozialverträglichen Gestaltung des Verwaltungsumbaus in Brandenburg einen Durchbruch erzielt. Der Tarifvertrag soll Möglichkeiten zum dauerhaften Erhalt von Beschäftigung eröffnen und die Bereitschaft der Beschäftigten fördern, auch neue Tätigkeiten in der Landesverwaltung auszuüben. Im Gegenzug verzichtet das Land auch weiterhin auf betriebsbedingte Kündigungen. Die Tarifpartner sind sich einig, alle mit dem erforderlichen Verwaltungsumbau verbundenen personellen Maßnahmen sozial ausgewogen auszugestalten.

Der Tarifvertrag soll am 1. Januar 2009 in Kraft treten und gilt zunächst bis Ende 2012. Die Laufzeit verlängert sich bis längstens Ende 2015, wenn er nicht vorher von einer der Tarifparteien fristgerecht gekündigt wird. Auf Arbeitnehmerseite waren die Gewerkschaften Ver.di, GdP, GEW, dbb tarifunion und IG BAU an den Verhandlungen beteiligt. Die Tarifparteien haben eine Erklärungsfrist bis zum 20. Januar 2009 vereinbart.

Speer: „Strukturelle Personalüberhänge müssen abgebaut werden"

„Ich begrüße die jetzt erzielte grundsätzliche Einigung auf diesen Vertrag", sagte Finanzminister Rainer Speer heute in Potsdam. „Es führt kein Weg daran vorbei, dass wir strukturelle Personalüberhänge im Landesdienst in den nächsten Jahren abbauen müssen. Bis Ende 2012 soll das Landespersonal auf rund 47.800 Stellen reduziert werden. Brandenburg kann sich nicht mehr Personal leisten, als wir  dauerhaft finanzieren können und angesichts der demografischen Entwicklung und der Aufgaben auch wirklich benötigen. Ich habe daher im Juni die Initiative ergriffen, und den Gewerkschaften ein Gesprächsangebot gemacht. Mein Angebot war, diesen Umbauprozess gemeinsam sozialverträglich zu gestalten. Dazu ist es unabdingbar, dass die Mobilität und Flexibilität der betroffenen Beschäftigten deutlich erhöht wird. Es muss besser als bisher möglich sein, Beschäftigte in Zukunft auch an einem neuen Dienstort oder in einer völlig neuen beruflichen Verwendung einzusetzen. Mir ist klar, dass dies für die Betroffenen mit zum Teil erheblichen Belastungen und Herausforderungen verbunden ist. Um die Veränderungsbereitschaft zu fördern, ist das Land zu umfassenden Gegenleistungen bereit. Ich erwarte von allen Betroffenen, dass sie diese Chance auch ergreifen. Das Land wäre zu einem derartigen Gesamtpaket für Beschäftigungssicherung und Qualifizierung nicht verpflichtet gewesen. Ich erinnere daran, dass der bisherige Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen Ende 2009 ausläuft. Ich bin jedoch dafür, dass wir den Weg des sozial gestalteten Verwaltungsumbaus und Personalabbaus in Brandenburg auch in Zukunft fortsetzen - wenn damit die notwendigen Abbauziele erreicht werden können. Nach schwierigen Verhandlungen bin ich froh, dass die Gewerkschaften dieses Angebot des Landes jetzt angenommen haben."

Tarifvertrag gilt für umbaubetroffene Beschäftigte des Landes

Die Regelungen des neuen Tarifvertrages finden Anwendung auf alle von Umbaumaßnahmen der Verwaltung betroffenen Beschäftigten in der Landesverwaltung. Betroffen sind Beschäftigte, deren bisheriger Arbeitsplatz z.B. durch die Auflösung, die Verlegung oder die Fusion von Dienststellen ganz oder teilweise wegfällt. Das Land verpflichtet sich gegenüber diesen Beschäftigten zur Arbeitsplatzsicherung. Betriebsbedingte Kündigungen sind während der Laufzeit des Tarifvertrages ausgeschlossen. Den betroffenen Beschäftigten soll vom Land zunächst eine Weiterbeschäftigung auf einem gleichwertigen Arbeitsplatz am bisherigen oder einem anderen Dienstort angeboten werden.

Ist eine derartige Weiterbeschäftigung auf einem gleichwertigen Arbeitsplatz nicht möglich, verpflichtet sich das Land zur Prüfung von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf einem geringer bewerteten Arbeitsplatz. Eine Herabgruppierung auf einen solchen geringer bewerteten Arbeitsplatz ist möglich.  

Lehnen Beschäftigte ein nach den Bestimmungen des Tarifvertrages zumutbares neues Arbeitsplatzangebot und eine entsprechende Qualifizierungsmaßnahme ab, ist das Land berechtigt, diesen Beschäftigten zu kündigen.  

Land zahlt Mobilitätsprämie bei neuem Dienstort

Beschäftigte, die bei einer Dienststelle außerhalb des bisherigen Arbeitsortes oder des Wohnortes weiterbeschäftigt werden, haben in Zukunft Anspruch auf eine neu eingeführte Mobilitätsprämie. Dieser besteht unabhängig und ergänzend zu den bestehenden Ansprüchen auf Umzugskostenvergütung und Trennungsgeld. Mit der neuen Prämie soll die Bereitschaft der Landesbeschäftigten zu regionaler Mobilität gefördert werden. Sie wird abhängig von der Entfernung zwischen der Wohnung und der neuen Dienststelle als Einmalzahlung gewährt. Sie beträgt gestaffelt zwischen 450 Euro für eine zusätzliche Entfernung zur neuen Dienststelle ab 10 Km bis zu 2250 Euro für eine Entfernung ab 71 km. Finanzminister Speer erklärte seine Bereitschaft, diese Regelung zeit- und inhaltsgleich auf den Beamtenbereich zu übertragen.

Maßnahmen zur Einkommenssicherung vereinbart

Der Tarifvertrag sieht Regelungen zur Einkommenssicherung für diejenigen Beschäftigten vor, denen in Folge des notwendigen Verwaltungsumbaus eine geringer bewertete Tätigkeit übertragen wird. Diese sind abhängig von der Dauer ihrer Beschäftigung im Landesdienst. Der Eingruppierungsschutz beträgt nach einer Beschäftigungszeit von bis zu 5 Jahren 8 Monate, von bis zu 10 Jahren 16 Monate und von mehr als 10 Jahren 24 Monate. Während dieser Zeit werden die Betreffenden so gestellt, als wenn sie ihre bisherige Tätigkeit weiter ausübten. Nach Auslaufen des Eingruppierungsschutzes erhalten die Betroffenen noch eine abschmelzbare Besitzstandszulage.

Schwerpunkt: Weitreichende Qualifizierungsangebote

Einen besonderen Schwerpunkt legt der Tarifvertrag auf Maßnahmen der  Arbeitsplatzsicherung durch Qualifizierung und Fortbildung der betroffenen Bediensteten. Ist eine solche Qualifizierung erforderlich, wird der Beschäftigte für bis zu 12 Monate von der Arbeit freigestellt. Die Kosten der Qualifizierung trägt der Arbeitgeber, das bisherige Gehalt wird während der Dauer der Qualifizierungsmaßnahme vom Land weitergezahlt. Bei einem herausragenden Abschluss der Qualifizierung kann dem Mitarbeiter eine Prämie von bis zu 400 Euro gezahlt werden.

Darüber hinaus sieht der Tarifvertrag weitere freiwillige Leistungen des Arbeitgebers vor. So kann Beschäftigten auch eine Bildungsmaßnahme mit einer Gesamtdauer von bis zu 5 Jahren angeboten werden, sofern dafür ein dienstliches Bedürfnis vorliegt. Dazu zählen z.B. berufsqualifizierende Studiengänge an einer Hochschule oder Fachhochschule mit dem Abschluss Bachelor oder Master. Das Gehalt wird während der Dauer der Qualifizierung fortgezahlt. Ein Rechtsanspruch auf eine derart umfassende berufliche Neuqualifizierung besteht jedoch nicht. Auch in diesen Fällen kann ein herausragender Abschluss mit einer Prämie anerkannt werden. Diese beträgt z.B. bei einer Qualifizierungsdauer ab 3 Jahren bis zu 5 Jahren bis zu  2950 Euro.

Land fördert Existenzgründungen und gibt Wiedereinstellungszusage

Das Land kann auf Antrag eines vom Verwaltungsumbau in Sinne des Tarifvertrags Betroffenen auch eine Existenzgründerschulung finanzieren und dafür eine Freistellung von der Arbeit bis zu 3 Monaten gewähren. Zur Erleichterung einer Existenzgründung kann der Arbeitgeber darüber hinaus eine Wiedereinstellungszusage über einen Zeitraum von zwei Jahren geben.

Institutionelle Absicherung des Tarifvertrags

Zur Begleitung des Umbauprozesses einigten sich die Tarifpartner auf die Einrichtung eines Beirats, der paritätisch durch Vertreter der Landesregierung und der Gewerkschaften besetzt wird und der die Umsetzung des Tarifvertrages evaluiert

Die geltende Personalbedarfsplanung des Landes sieht vor, das Landespersonal bis Ende 2012 auf 47.800 Stellen abzubauen. Derzeit verfügt der Landesdienst noch über rund 53.000 Stellen. Auf der Basis des Sozialtarifvertrags hatte sich die Landesregierung bislang dazu verpflichtet, dass betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2009 ausgeschlossen sind.

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Pressemitteilung: Verwaltungsumbau in Brandenburg - Landesregierung und Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes erzielen Durchbruch bei Tarifverhandlungen

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Ident-Nr
90/2008
Datum
10.12.2008